Funchal zur Isla Graciosa

Wir fassen uns in Geduld. Um 17 Uhr dann die erlösende Auskunft: Die Gasflaschen sind angekommen. Da wir so spät nicht zu den Kanaren aufbrechen wollen, ankern wir nochmal vor der gewaltigen Felskulisse in der Enseade da Ambra. Die Hoffnung auf bessere Windverhältnisse erweist sich als Fehleinschätzung. Immer wieder fegen Fallböen von den Bergwänden und bringen die Moana Blu zum Schaukeln. Trotzdem schlafen wir gut.

Am nächsten Morgen brechen wir um 9 Uhr auf und fahren an dem nahegelegenen Fotomotiv Ponta do Farado einer gewaltigen Felsbrücke vorbei. Dann wollen wir an den Ilhas Desertas vorbeisegeln, denn genau dorthin fahren die Whalewatching-Boote der Touristen. Leider ein Fehlgriff. Wir sehen nur ein paar wenige Delfine (inzwischen nichts ungewöhnliches), bekommen aber wiederum heftige Fallböen bis 30kn zu spüren.

Als wir an den Inseln vorbei sind, wird der Wind endlich gleichmäßiger, aber nicht weniger. Bei 20kn bis 24kn nimmt die Moana Blu ordentlich Fahrt auf, verbunden mit heftigen Rollbewegungen, denn die Wellen kommen von der Seite. Marianne wird seekrank und kann sich nicht entscheiden, ob es ihr im Cockpit oder liegend unter Deck besser geht. Nach einigem Hin und Her ist es dann soweit …. Vicky hält sich tapfer, verbringt aber die meiste Zeit unter Deck. Nur Gert ist gegenüber den Anfechtungen des Seegangs immun.

Die hohen Gebirge Madeiras lenken die üblichen Nordwinde ab. Südlich von Madeira gibt es eine Flautenzone, mit wechselnden Winden, die sich bis zu den Kanaren ziehen kann. Dafür pfeift der Wind westlich und östlich von Madeira um so stärker. Da wir uns von Madeira entfernen und nach Südosten segeln, wird der Wind langsam aber nur sehr langsam schwächer. Beim Erreichen der Insel Isla Graciosa sind es noch 12 bis 14 Knoten.

Wir waren schneller als geplant und kommen deshalb um 3 Uhr morgens bei Dunkelheit an. Die umliegenden Inseln können wir bei Mondlicht nur schemenhaft ausmachen. Wir navigieren, mit leicht mulmigen Gefühl, nach Plotter, Radar und Tiefenmesser. In der Bucht Playa de Pedro Barba können wir auf dem Radar kein anders Schiff erkennen. Wir steuern die Bucht an, werfen den Anker, überzeugen uns dass er hält und gehen erst einmal Schlafen.

Am nächsten Morgen, nach einem Morgentee kommt die Küstenwache auf uns zu und bittet uns höflich, die Bucht zu verlassen, da das Ankern hier nicht erlaubt sei. Auf der Seekarte ist diese Bucht zwar als Ankerplatz eingetragen, aber wer diskutiert schon mit der Küstenwache. Die sind größer und vermutlich besser bewaffnet.

Wir steuern Puerto de Caleta del Sebo an, den einzigen Hafen auf Graciosa und erleben eine weitere herbe Überraschung. Zwei finster aussehende Security-Typen behängt mit Schlagstöcken und Handschellen herrschen uns an, wir müssten sofort den Hafen verlassen, denn er sei voll, was aber offensichtlich überhaupt nicht der Fall ist. Zumindest entnehmen wir es ihren Gesten, denn sie sprechen kein Englisch oder verweigern sich jeglicher Kommunikation. Wir könnten höchstens 2 Stunden am gegenüberliegenden Kai anlegen, an dem auch einige Fischerboote liegen. Tun wir und gehen erst einmal Mittagessen und Einkaufen, was natürlich länger als zwei Stunden dauert. Beim Ablegen bekommen wir noch ein paar unfreundliche Kommentare hinterhergeschickt, obwohl immer noch überhaupt kein Platzmangel im Hafen besteht. Wir sind leicht schockiert, war das Hafenpersonal auf unserer bisherigen Reise doch immer sehr freundlich und hilfsbereit.

Später erfahren wir, dass folgende bizarre Situation schon seit mehreren Jahren besteht: Es gibt ein Anmeldeportal, auf dem sich viele Boote prophylaktisch anmelden aber dann nicht erscheinen. Haben sich genügend Boote angemeldet, ist der Hafen voll, obwohl nur die Hälfte der Liegeplätze belegt ist.

Wir steuern die von der Küstenwache am Morgen „befohlene“ Bucht Playa Francesa an. Zwar braucht man hierfür eigentlich ein Permit, aber uneigentlich hat sich die Küstenwache wohl der Aufgabe verschrieben, alle Segelboote einzusammeln und in diese Bucht zu dirigieren. Mitunter begleiten sie die Boote wie ein Hütehund seine Schafe in 50m Abstand, bis der Anker geworfen ist. Sehr seltsam!

Die Playa Francesa liegt aber sehr schön und ist weitgehend windgeschützt. Hier liegen gut ein dutzend Boote, zum größten Teil von Langfahrtseglern. Wir sind zufrieden.